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Transformative Bildung

08. Dezember 2025 / Omar Cobox

Ein endloser Kampf

LGBTQ+-Rechte und Geschlechterpolitik in Guatemala

Dieser Blogbeitrag wurde ursprünglich auf Spanisch verfasst. Um den Originalbeitrag zu lesen, kann die Sprache der Website oben rechts auf Spanisch umgestellt werden.

In einem Rundschreiben vom 21. Mai 2025 verbietet das guatemaltekische Bildungsministerium ausdrücklich jede Art von Schulung im Zusammenhang mit “Gender-Ideologie” oder umfassender Bildung, die von Nichtregierungsorganisationen in öffentlichen Schulen angeboten wird. Veröffentlicht von EP Investiga (Nachrichten- und Rechercheportal mit Sitz in Guatemala)

Dieser Artikel basiert auf persönlichen Erfahrungen und ist eine Kritik an den Macht- und Geschlechterstrukturen, die in verschiedenen Bereichen und Räumen vorhanden sind. 

Auch im 21. Jahrhundert wird die Lage und Situation der Frauen in Guatemala, wie auch in anderen Nachbarländern Mittelamerikas, durch ungleiche Verhältnisse in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur bestimmt. Die Kluft zwischen Männern und Frauen ist nach wie vor genauso groß wie in den vergangenen Jahren. 

Der Konservatismus übt weiterhin erheblichen Einfluss aus und es gibt Konflikte, insbesondere in Bezug auf die Rechte von Frauen, der LGBTQ+-Community  und der Gleichstellung der Geschlechter. Es gibt eine immense Welle, die sich kontinuierlich gegen die Anerkennung der Rechte von Frauen und Initiativen der LGBTQ+-Community  richtet. Eine der Hauptgrundlagen dieser Ablehnung sind traditionelle Werte und Religion, die oft sexistisch geprägt sind. In sozialen Netzwerken wie Facebook, X und TikTok sind Hassäußerungen, Sexismus, Homophobie und Rassismus gegenüber Frauen, Indigenen, Feministinnen und queeren Menschen weit verbreitet. Es ist sogar normal, beleidigende Kommentare aus einer auf Erwachsene zentrierten Perspektive zu sehen, wenn Jugendliche ihre Meinung und Haltung zu einem politischen Thema oder zur nationalen Realität äußern.

Diese Ablehnung und Hassbekundungen gehen von staatlichen Institutionen aus, wie beispielsweise dem Kongress der Republik, der es nicht geschafft hat, einen Gesetzentwurf zu verabschieden, der sich mit Geschlechtsidentität oder sexueller Vielfalt befasst. Sandra Moran, eine offen lesbische Abgeordnete, war die letzte, die dies 2018 mit dem Gesetzentwurf 5395 zur Geschlechtsidentität versuchte, der die Anerkennung der Identität aller Menschen in Guatemala zum Ziel hatte. Damit sollte auch der Schutz und die staatliche Fürsorge für die LGBTQ+-Community  gewährleistet werden, einschließlich der Schaffung von Verfahren zur Berichtigung amtlicher Dokumente wie des Personalausweises. Derzeit gibt es niemanden, der sich für die Rechte queerer Menschen und für Vielfalt einsetzt. Die Initiative wurde vom Ausschuss für Gesetzgebung und Verfassungsfragen zurückgestellt und die Frauenkomission gab eine ablehnende Stellungnahme ab, wodurch sie nicht weiter vorangetrieben werden konnte. Der Druck religiöser Bewegungen und des Kongresses führte dazu, dass diese Initiative zu den Akten gelegt wurde. 

In der Legislative ist die Menschenrechtsbehörde mit einer Ombudsstelle für Vielfalt vertreten, die öffentliche Einrichtungen überprüft und Vorschläge zur Förderung des Respekts gegenüber Menschen unterschiedlicher Herkunft unterbreitet. 

Aus Sicht der Exekutive und der Justiz wurden nur wenige Anstrengungen unternommen, um inklusiv zu sein. 

Mir fällt ein Artikel aus der Verfassung der Republik Guatemala ein: „In Guatemala sind alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten“, heißt es in Artikel 4 des Gesetzes.  Dennoch sind wir noch weit davon entfernt, unter gleichen Bedingungen und mit gleichen Rechten zu leben.

Auch auf regionaler Ebene gab es Rückschritte: In El Salvador wurde seit der ersten Amtszeit von Nayib Bukele die Direktion für sexuelle Vielfalt aufgelöst und das Dekret 56 aufgehoben, das jede Form der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität in der Regierung verbot. 

In Honduras berichtet die Bewegung La Vía Campesina am 20. März 2025, dass nach den zwischen 2005 und 2024 gesammelten Daten alle 22 Stunden eine Frau ermordet wird. Im bisherigen Verlauf des Jahres 2025 wurden bereits 45 Frauen ermordet, wobei nur die Daten berücksichtigt wurden, die der Staatsanwaltschaft dieses Landes gemeldet wurden. 

Sind Frauen, indigene Völker und Mitglieder der LGBTQ+-Gemeinschaft die am stärksten gefährdeten Gruppen in Guatemala? Diese Frage ist mir schon oft durch den Kopf gegangen, aber dann erinnere ich mich auch daran, dass Guatemala nicht nur ein wunderschönes Land voller Kultur und Traditionen ist, sondern auch ein Land, in dem die Menschen ums Überleben kämpfen, um Essen auf den Tisch zu bringen und ihren Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Guatemala hat sich in den letzten Jahren zu einem Land entwickelt, in dem die Regierenden in einer verzerrten Realität leben, mit korrupten Politikern, die niemals das Zeug zum Regieren und schon gar nicht zu guten Menschen hätten, mit Beamten, die keine Lust zum Dienen haben, mit einer nationalen Zivilpolizei, die sich um niemanden kümmert, religiöse Persönlichkeiten, die versuchen, die Mara zu betrügen, wie man in unserem Land umgangssprachlich sagt, unkontrollierte Gewalt, Femizide an der Tagesordnung, nie endende Ungerechtigkeiten gegenüber den indigenen Völkern, Straßen voller Belästigungen gegenüber Frauen, um nur einige der alltäglichen Übergriffe zu nennen.

Menschenrechtsorganisationen und soziale Gruppen sehen mit Sorge die anhaltende Ablehnung der Konservativen gegenüber Themen wie umfassender Sexualkunde, der Einbeziehung sexueller Vielfalt und der Anerkennung nicht normativer Identitäten. Es ist besorgniserregend, dass gerade Lehrer*innen sich dagegen aussprechen, wenn man bedenkt, dass diese als Akteure des sozialen Wandels und Garanten des Menschenrechts auf Bildung gelten. 

Der Krieg im Land des ewigen Frühlings ist bereits ein Dauerzustand gegen Frauen, Bürger, indigene Völker, Menschenrechte, Vielfalt und natürlich gegen Millionen von Menschen in Guatemala, die jeden Tag früh morgens zur Arbeit gehen, um eine gute Lebensqualität und ein würdiges Leben zu haben. Das Verbot, das ich zu Beginn dieses Artikels erwähnt habe, ist also nichts Neues mehr. Wir alle hoffen, dass sich die Lage in Guatemala eines Tages ändern wird. Es gibt viel zu tun, und der Kampf geht weiter – durch Widerstand und radikale Zärtlichkeit.

Omar Cobox
CCP 2025
Leipzig, Deutschland

Quellen: