Der Kapitalismus ist am Ende
Die neue „Gastwirtschaft“-Kolumne von Nina Treu in der Frankfurter Rundschau.
19. Juli 2018
Der Kapitalismus ist am Ende. Doch was kommt danach? Noch fehlen Utopien und klare Strategien für eine bessere Welt. Lösungen können nur neue Bündnisse finden.
Seit dem G20-Gipfel gibt es in den Medien eine stark übertriebene Debatte über „linke Gewalt“. Das verdeckt leider die inhaltliche Debatte über globale Politik und die berechtige Kritik an G20. Denn die fand durchaus statt in Hamburg: unter anderem auf dem „Gipfel der globalen Solidarität“. Zu dem kamen an zwei Tagen auf und um Kampnagel um die 2500 Menschen zusammen.
Bemerkenswert war, worin sich die Sprecher/innen auf dem Abschlusspodium einig waren: Der Kapitalismus ist am Ende, aber noch gibt es kein neues System, das die Lücke füllen könnte. Dadurch entstehen ein „Vakuum“ und viele Unsicherheiten. Es fehlen Utopien und klare Strategien für eine bessere Welt – und das auf allen Seiten, nicht nur bei der Linken!
Wir brauchen also einen progressiven mehrheitsfähigen Vorschlag für ein neues Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Es geht dabei nicht um Reformen innerhalb des Kapitalismus. Wenn die Grundstrukturen nicht verändert werden, reichen weder ein progressives Klimaabkommen noch eine Einigung in globalen Steuerfragen aus. Wir brauchen ein neues, solidarisches, demokratisches und umweltgerechtes Wirtschaftssystem.
Aber wie kommen wir dahin? Dazu gab es in Hamburg einige wichtige Thesen auf dem Podium des Alternativgipfels. Grundlegend muss die Suche nach und der Kampf um eine(r) Alternative international sein. Wir müssen globale Verhältnisse berücksichtigen und gleichberechtigte Süd-Nord-Beziehungen aufbauen. Dabei dürfen wir aber die lokale Verankerung nicht vergessen. Denn wenn wir uns vor Ort nicht zusammenfinden, vor Ort nichts gewinnen können, dann wird uns das auf internationaler Ebene auch nicht gelingen.
Und wir müssen neue Bündnisse aufbauen. Wir brauchen ein linkes Mosaik, in dem sich Menschen aus verschiedenen Basisgruppen, Gewerkschaften, NGOs und Parteien verorten können. Diese müssen nicht alle Kämpfe gemeinsam führen, aber sie müssen sich kennen, respektieren und solidarisch unterstützen. Damit sie gemeinsam mit politischer Fantasie Erzählungen und Praktiken einer anderen Gesellschaft entwickeln können. Dazu kann uns der Austausch über existierende Alternativen wie zuletzt in Hamburg inspirieren.
Und davon sollte uns die Debatte über Gewalt nicht ablenken.