Pressemitteilung   |   02.08.2022

Wasserstoff als Klimagerechtigkeits-Risiko +++ Publikation und Veranstaltung

Leipzig. Die deutsche Wasserstoffstrategie birgt erhebliche Risiken für weltweite Klimagerechtigkeit. Das ist die Schlussfolgerung des heute durch das Konzeptwerk Neue Ökonomie veröffentlichten Dossiers „Wasserstoff und Klimagerechtigkeit“. Darin werden Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Wasserstoff als klimagerechtem Energieträger diskutiert. Neben ökologisch problematischen und ineffizienten Einsatzbereichen werden insbesondere globale Auswirkungen durch die geplanten Importe untersucht.

Das Dossier stellt dar, wie ein begrenzter Einsatz von sogenanntem grünen Wasserstoff aus 100% erneuerbaren Energien zu einer klimagerechten Wirtschaft beitragen kann. Dafür ist es jedoch
notwendig, dass der Einsatz effizient erfolgt und die Verwendungsbereiche klar politisch priorisiert werden. So könnte Wasserstoff in Zukunft als Speichermedium zur Stabilisierung des erneuerbaren Strom- und Wärmenetzes oder für bestimmte Hochtemperaturanwendungen in der Industrie eingesetzt werden. Gleichzeitig birgt der durch die Bundesregierung geplante Wasserstoffhochlauf massive ökologische Risiken und droht globale Ungleichheit und neokoloniale Wirtschaftsstrukturen zu verschärfen.

„Der von der Bundesregierung vorgesehene Wasserstoffbedarf wird auf absehbare Zeit nicht durch erneuerbare Energien zu decken sein. Andere Wasserstoffvarianten – blauer oder türkiser aus Erdgas mit CO2-Abscheidung oder konventioneller grauer aus Erdgas – sind fossile Scheinlösungen. Wegen der starken Umwandlungsverluste sollte Wasserstoff nicht in direkt elektrifizierbaren Sektoren eingesetzt werden und wegen begrenzter Verfügbarkeit nicht für Luxusanwendungen wie z.B. als E-Fuels für Flugverkehr oder Sportwagen“, erklärt Lasse Thiele, Autor des Dossiers.

Hochproblematisch ist ebenfalls das Ausmaß des geplanten Imports von grünem Wasserstoff aus afrikanischen Ländern, über den Deutschland sich als Wasserstoff-Technologiestandort zum Weltmarktführer entwickeln möchte. So planen europäische und australische Konzerne derzeit beispielsweise in Namibia und der Demokratischen Republik Kongo die Realisierung von Megaprojekten wie Staudämme, Wind- und Solarparks für die Herstellung von grünem Wasserstoff für den Export. Ressourcen wie Geld, Flächen, Süßwasser und Rohstoffe werden für das Wachstum der europäischen Industrie reserviert, statt diese für eine lokale, demokratische Energiewende vor Ort einzusetzen.

„Starke gesetzliche Regelungen müssen solche Entwicklungen verhindern. So werden Importe nur begrenzt möglich sein. Wasserstoff erspart also nicht den industriellen Rückbau, der für eine wirklich klimagerechte Wirtschaft insbesondere in Ländern wie Deutschland notwendig ist“, so Lasse Thiele weiter.

Zu der Veröffentlichung veranstaltet das Konzeptwerk Neue Ökonomie am Mittwoch, den 3. August um 17 Uhr ein Pressebriefing im Robert-Havemann-Saal des Hauses der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4. Eine Teilnahme ist online oder vor Ort in Berlin möglich. Für die interessierte Öffentlichkeit findet im Anschluss die Podiumsdiskussion „Shipping the sunshine? Wasserstoffimporte und Klimagerechtigkeit“ statt.

→ Zum Dossier als PDF-Download

Hintergrund: Wasserstoff wird als Schlüsseltechnologie zur Energiewende in der Industrie gehandelt. Aktuell wird an Wasserstofflösungen für diverse Sektoren geforscht. Auch aktuelle LNG-Terminal-Neubauprojekte werden als vermeintlich „hydrogen-ready“ beworben. Die Bundesregierung überarbeitet derzeit die nationale Wasserstoffstrategie und kündigte bereits an, das Ausbauziel für Wasserstoff-Elektrolysekapazität bis 2030 zu verdoppeln.

Pressekontakt

Ruth Krohn vom Konzeptwerk
Ruth Krohn

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