
Seit 20 Jahren sind zum ersten Mal die CD-Verkaufszahlen gestiegen. Nicht viel, aber sagt uns das trotzdem etwas? Der 24-stündige Ausfall der Plattform TikTok Anfang Januar hat bei Creator:innen und Nutzer:innen nachhaltig das Misstrauen gegen die gängigen Plattformen verfestigt. Vor allem Content Creators, deren Lebensunterhalt teilweise davon abhängig ist, überlegen sich natürlich, wie sie sich langfristig schützen können. .
Elizabeth Gilbert, die Autorin des Romans „Eat, Pray, Love“, erzählte schon letztes Jahr in einem Interview begeistert von ihrem Newsletter auf Substack. Sie sagt, sie fühlt sich auf Social Media nicht mehr wohl, vulnerabel zu sein und dass die Plattformen die Demokratie zerstören würden. Sie hätte es aber vermisst, mit ihren Leser:innen zu kommunizieren. Über ihren Newsletter geht das jetzt wieder ohne Hasskommentare.
Die Stimmung kippt: von Tech Optimismus zu Tech Erschöpfung
Die „Dead Internet Theory“ beschreibt tote Plattformen mit automatisch generierten Inhalten, auf denen nur noch Bots miteinander kommunizieren. Ursprünglich eine Verschwörungstheorie, die dem Internet einen Totenschein für das Jahr 2016 ausstellt hat und nun häufig genutzt wird, um zu beschreiben, dass Nutzer:innen sich aufgrund von Doomscrolling, Hasskommentaren, Spam und KI von den Plattformen zurückziehen. Also eher als unvermeidbare Konsequenz von Platformdesigns, die sich ausschließlich an kapitalistischen Interessen orientieren.
Cory Doctorow nennt dieses Phänomen „Enshittification“. Der Begriff beschreibt den Lebenszyklus digitaler Plattformen, bei denen zunächst das Nutzer:innenerlebnis im Vordergrund steht. Die Qualität nimmt aber schließlich aufgrund einer Verlagerung auf Monetarisierung und Gewinnmaximierung ab. Dies führt schließlich zur Unzufriedenheit der Nutzer:innen und zum Niedergang der Plattform.
Nostalgie und Rückbesinnung auf Spaß statt High Tech
Immer mehr Menschen wollen sich nicht mehr auf die Plattformen verlassen und sind auf der Suche nach dezentralisiertem Internet. Newsletter und Blogartikel bieten uns Gemeinschaft, eigenständiges Lernen und Kreativität. Anderseits sind offline Medien wieder en vogue, sie ersetzen das endlose swipen und scrollen und bieten uns Nostalgie, Kontrolle, Eigentum und Slow Media. Auch wenn der Trend noch nicht im Mainstream angekommen ist – er gibt uns einen Einblick auf das, was vielleicht kommt.
Autor*in

Parwaneh Mirassan (keine Pronomen)
Dieser Text wurde am 9. Juli 2025 in der Frankfurter Rundschau, als Beitrag der Kolumne Gastwirtschaft veröffentlicht.
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