Bausteine für Klimagerechtigkeit
Autos nehmen extrem viel Platz in unseren Städten ein, sind am
Großteil der Verkehrsunfälle beteiligt und für Lärm und
Luftverschmutzung verantwortlich.
Damit Städte Raum für ein gutes und gesundes Leben bieten, muss die Zahl der Autos drastisch reduziert werden.
Der öffentliche Raum bietet riesige Potenziale, die Lebensqualität der Stadtbewohner*innen zu verbessern. Wo Straßen nicht mehr vorrangig für Autos da sind, kann Platz für Begegnung in der Nachbarschaft entstehen. Dafür braucht es einen Perspektivwechsel: Schluss mit der Planung der letzten Jahrzehnte, die das schnelle Vorankommen mit dem Pkw zum zentralen Ziel der Stadtgestaltung gemacht hat. Statt auf reinen Antriebswechsel zu setzen, sollte Deutschlands Automobilsektor eine umfassende Mobilitätswende vorantreiben. In den Städten muss es jetzt darum gehen, die Bewohner*innen, ihre Gesundheit, die Aufenthaltsqualität und gerechte Verteilung des öffentlichen Raums sowie den Klima- und Artenschutz in den Mittelpunkt zu rücken.
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Unsere Städte wurden für Autos gebaut – mit gravierenden Folgen für das Leben der Stadtbewohner*innen und -besucher*innen. Mit mehr Fokus auf die Menschen können wir Lebensqualität, saubere Luft, Platz für Begegnung, Sicherheit und mehr Klimagerechtigkeit gewinnen. Dazu müssen wir die Zahl der Autos in Städten drastisch reduzieren. Lesen Sie mehr dazu in unserem neuen Dossier.
Maßnahmen auf dem Weg zur autobefreiten Stadt
Für soziale und ökologische Gerechtigkeit in Städten müssen andere Formen der Mobilität erleichtert und die Privilegien des Autos im öffentlichen Raum abgebaut werden.
Für mehr soziale und ökologische Gerechtigkeit in unseren Städten gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die jetzt umgesetzt werden können und die den Umstieg in andere Formen der Mobilität erleichtern (Pull-Maßnahmen) und die Privilegien des Autos im öffentlichen Raum abbauen (Push-Maßnahmen). Bei all diesen geht es darum, in der Verkehrs- und Stadtplanung den Umweltverbund (Rad-, Fußverkehr und ÖPNV) anstelle des Autos zu bevorzugen.
Pull-Maßnahmen können den Umstieg in andere Formen der Mobilität erleichtern:
Durch Push-Maßnahmen können die Privilegien des Autos im öffentlichen Raum gezielt abgebaut werden.
Parkflächen reduzieren und Begegnungsräume schaffen
Die Realisierung einer autobefreiten Stadt erfolgt schrittweise über die Anpassung des Parkraummanagements und die Steuerung des Parkens über die Parkkosten. Das geschieht durch kostenpflichtige Parkhäuser, die Vergabe von Anwohner*innenparkausweisen für konzentrierte Parkflächen, die Reduzierung der Parkplätze und höhere Bepreisung von Parken im Straßenraum. Diese Einnahmen werden in die Umgestaltung des öffentlichen Raumes und den Ausbau des Umweltverbundes investiert.
Auto-Privilegien schrittweise abbauen
Finanzielle Anreize für den Autobesitz wie das Dienstwagenprivileg müssen sofort abgeschafft werden. Stattdessen sollte in den Umweltverbund investiert werden, oder in Prämien für Haushalte, die ihre Pkw abschaffen. Auch im Steuersystem braucht es eine grundlegende Reform, um die Kfz-Steuer und Neuzulassungssteuer gerechter zu gestalten. Mögliche Instrumente, um die Kosten des Autoverkehrs einzupreisen, sind neben Steuern zudem die Pkw-Maut und die City-Maut.
Gesetzlichen Rahmen anpassen
Mit Verkehrsberuhigung Städte entlasten
Durch gezielte Straßenführung können viele Gegenden in der Stadt von den Belastungen durch den Autoverkehr befreit werden. Einbahnstraßen für den Autoverkehr, Diagonalsperren, Fahrrad- und Spielstraßen können ein Großteil der Autos auf umliegende Hauptverkehrsstraßen leiten. Auf Bundesebene sollte grundsätzlich Tempo 30 innerhalb von Ortschaften festgelegt werden.
Wo weniger Autos fahren und parken, wird gesundes Leben überhaupt erst möglich: Die Luft ist sauberer, die Menschen sind weniger Lärmbelastung ausgesetzt und es wird Raum für soziale Begegnungen geschaffen. Notwendige Autofahrten wie Krankentransporte werden durch die leereren Straßen vereinfacht. Flächen werden gerechter verteilt und können nach den Bedürfnissen aller Anwohner*innen und mit deren Beteiligung gestaltet werden.
Autofreie Städte sind lebenswerter
Wenn in der Planung von Städten das Wohlergehen der Menschen zur Priorität wird, kann das ein großes Mehr an Lebensqualität bedeuten. Wenn vor Häusern nur noch selten Autos vorbeifahren, steigt die Luftqualität und lärmbedingter Stress wird reduziert. Zufußgehende, Kinder und ältere Menschen sind weniger Risiken auf den Straßen ausgesetzt. Nachbar*innen können sich vor ihren Häusern treffen und Straßen werden zu Aufenthalts- und Begegnungsräumen. Wenn Städte außerdem in kleineren räumlichen Einheiten und mit kurzen Wegen geplant werden, belebt das Wohnviertel und Innenstädte und verbessert damit die Aufenthaltsqualität vor Ort.
Der Wandel kommt gut an!
Ein Großteil der Menschen mit privaten Pkw sprechen sich für autofreie Innenstädte aus und wünschen sich, weniger abhängig von ihrem Auto zu sein. Wenn Kommunen autoreduzierte Zonen einrichten, kommt das bei den meisten gut an. Im Projekt „Ottensen macht Platz“ sprachen sich 83% der Bewohner*innen des verkehrsberuhigten Gebiets und der umgebenden Straßen dafür aus, die Maßnahmen langfristig weiterzuführen und machten diverse Vorschläge zur zukünftigen Ausgestaltung. .
Was braucht es, um eine menschengerechte Mobilitätswende umzusetzen?
Damit die Mobilitätswende in den Städten umgesetzt werden kann, braucht es eine grundlegende Veränderung der Rechtslage. Erst mit den neuen gesetzlichen Grundlagen können auch Planungs- und Umsetzungsprozesse in den Kommunen vereinfacht und beschleunigt werden. Momentan sind diese häufig langwierig und kleinschrittig.
Um Druck auf die Gesetzgeber*innen auf Bundes- und Landesebene aufzubauen, braucht es starke Bündnisse sozialer Bewegungen. Dabei können sich Kämpfe für Barrierefreiheit und Inklusion, Gender- und Klimagerechtigkeit mit jenen, die sich konkret auf die Mobilitätswende beziehen, ergänzen.
Es braucht mutige Entscheidungsträger*innen in den Kommunen, die Veränderung einleiten, auch wenn sie dafür Gegenwind spüren. Sie können mithilfe von Ausprobierphasen autofreier Stadträume deren Vorteile erlebbar machen und schon jetzt Parkgebühren drastisch erhöhen und Einnahmen in den Umweltverbund investieren. Mit Kampagnen, runden Tischen und der Unterstützung lokaler Initiativen können Kommunen dazu beitragen, die Akzeptanz für eine tiefgreifende Transformation zu gewinnen.
Für die Umsetzung der Mobilitätswende braucht es durchdachte und transparente Beteiligungsverfahren. Menschen sollten mitbestimmen können, was mit dem neu gewonnenen Platz in ihren Straßen passiert. Wo diese nicht offiziell von den Kommunen umgesetzt werden, können Anwohner*innen, Künstler*innen und Kulturvereine kreative Wege finden, sich den öffentlichen Raum wieder anzueignen.
Für eine echte sozial-ökologische Transformation kann Verkehrspolitik nicht losgelöst von anderen Bereichen der Gesellschaft umgesetzt werden. Damit ein Großteil der alltäglichen Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können, braucht es z.B. auch eine gute Nahversorgung. Wenn es in den Kiezen genügend Kitas, Schulen, Coworking Spaces und Geschäfte des alltäglichen Bedarfs gibt, erübrigen sich viele Wege in andere Stadtteile. Auch eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung, z.B. im Rahmen einer 4-Tage-Woche, würde zu weniger Berufsverkehr führen.
Oft wird behauptet, elektrisch betriebene Pkw seien umweltfreundlich. Besonders die Autoindustrie und ihre Lobby sind daran interessiert, diesen Mythos aufrecht zu erhalten. Tatsächlich werden bei Herstellung und Betrieb von E-Autos hohe CO2-Emissionen verursacht. Für die Herstellung von Elektroautos werden außerdem Rohstoffe benötigt, welche häufig unter grausamen Bedingungen im Globalen Süden abgebaut werden. Dadurch setzt die Branche neokoloniale Wirtschaftsstrukturen fort und ist für Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich. Einmal hergestellt, beanspruchen E-Autos genau wie alle Autos jede Menge Platz und verursachen Unfälle, Staus und gesundheitsschädliche Feinstaubemissionen.
„Viele Menschen sind doch auf ihr Auto angewiesen!“
Denjenigen, die trotz des Ausbaus des Umweltverbunds auf ihren privaten Pkw angewiesen sind, muss es auch weiterhin möglich sein diesen zu nutzen. Das kann z.B. über Härtefallregeln organisiert werden. Der größte Teil der Autofahrten in Städten ist aber nicht mehr notwendig, wenn es einen starken Umweltverbund gibt. Wenn all jene, die es können, zu Fuß, per Fahrrad oder mit dem ÖPNV mobil sind, wird auf den Straßen viel mehr Platz frei. Tatsächlich notwendige Fahrten werden dadurch sogar erleichtert.
„Hohe Parkgebühren sind sozial ungerecht.“
Die aktuelle Situation in den Städten ist bereits höchst ungerecht. Infrastruktur für Autos nimmt einen viel größeren Anteil der öffentlichen Flächen in Anspruch als den Anteil der Wege, die tatsächlich mit dem Auto zurückgelegt werden. Besonders Menschen aus unteren Einkommensschichten besitzen häufig kein Auto, während ökonomisch besser gestellte Gruppen teils mehrere Pkw pro Haushalt besitzen. Dabei leiden vor allem Erstere unter Luftverschmutzung und Lärm, da sie häufiger an großen, verkehrsreichen Straßen leben müssen. Wenn Einnahmen aus Parkgebühren und Bußgeldern direkt und transparent in den ÖPNV, Rad- und Fußwege und die Umgestaltung des öffentlichen Raumes investiert werden, profitieren alle davon. Für Härtefälle kann es außerdem auch hier immer gesonderte Konditionen geben.
Wasserstoff und Klimagerechtigkeit
Wasserstoff ist keine Wunderwaffe gegen die Klimakrise
Energiepreise
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Gerechte Wohnraumverteilung
Vergesellschaftung als Basis gerechter & ökologischer Wohnraumverteilung
Sozial-ökologische Steuerpolitik
Klimagerecht umverteilen
Autofreie Städte
Wir brauchen Städte für Menschen – nicht für Autos
Klimaschulden & Reparationen
Arbeitszeit-Verkürzung
Für die 4-Tage-Woche und ein gutes Leben für alle
Gerechte Bodenpolitik
für eine demokratische, vielfältige und zukunftsfähige Landwirtschaft
Förder*innen
Supported in part by a grant from the Foundation Open Society Institute in cooperation with the Europe and Eurasia Program of the Open Society Foundations.